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Was sind Verspannungen?

„Ich habe solche Verspannungen in den Schultern! Wie kann ich die nur loswerden?“

Wer hat diesen Satz noch nie gehört bzw. ausgesprochen? Er spiegelt die Einstellung wieder, dass eine Verspannung ein fremdes Wesen wäre, das sich frech auf unsere Schultern gehockt hat und einfach nicht weggehen will. Dabei ist das Gegenteil der Fall! Wir selbst sind die Hauptverursacher unserer Verspannungen und lassen diese nicht los.

Wie entstehen Verspannungen?

Physiologisch gesehen sind Verspannungen eine Dauerkontraktion unserer Muskeln. Unsere Muskeln arbeiten aber nicht von allein, sondern sie brauchen steuernde Befehle von uns, um zu kontrahieren (sich zusammenziehen). Selbst wenn wir von diesen Befehlen nichts wissen – wir senden sie trotzdem aus.  Ohne diese Befehle würde einfach nichts passieren.

Das geschieht vor allem, indem wir ungeeignete Denkweisen auf unsere Bewegungen anwenden, wie z.B.:

  1. Falsche Vorstellungen und ungeeigneter Plan, wie eine Bewegung zweckmäßig ausgeführt wird.
  2. Aufbringen von viel zu viel Muskelspannung innerhalb einer Bewegung (mit Kanonen auf Spatzen schießen)
  3. das Aufrechterhalten dieser Spannung weit über diesen Bewegungsablauf hinaus
  4. (Daueranspannung), weil sich diese Spannung nun gewohnt, also richtig anfühlt
  5. Zu wenig Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Moment.
  6. das Nachgeben einer „Gewohnheit“, weil sie sich vertraut anfühlt (oft auch noch, wenn diese als schädlich erkannt wurde)

Erfahrungsgemäß werden sämtliche Bewegungen, die wir im Laufe des Tages ausüben, auf Grund dieser falschen Vorstellungen ausgeführt – nicht nur in diejenigen, die wir als unbequem oder schmerzhaft empfinden. Massive Verspannungen, die z.T. Beschwerden oder Schmerzen bereiten, verursachen wir meistens nicht von heut auf morgen, sondern wir „arbeiten“ meist Jahre  an diesem permanenten Überspannungszustand.

Wie vermeiden wir Verspannungen?

Das Positive ist: Da wir selbst die Verspannungen verursachen, können wir auch wieder damit aufhören. Und wir können lernen, wie wir diese Befehle stoppen können. Besser noch, wir können lernen, diese Befehle erst gar nicht zu formulieren und auszusenden.
Die Alexander-Technik hilft dabei, den falschen Vorstellungen über unseren Körper auf die Spur zu kommen und gleichzeitig eine neue, effektivere mentale Steuerung auszubilden.
Die Fähigkeit, sich konstruktive Anweisungen zu geben, steigt mit der Zeit durch diesen Lernprozess. Alte Symptome haben so die Chance, sich zurückzubilden und neuen wird vorgebeugt.

Wie Musiker leichter und besser spielen können

Musiker brauchen eine brillante Koordination und Körperbeherrschung, um ihre musikalischen Vorstellungen auf dem Instrument nach ihren Wünschen umsetzen zu können. Dafür ist es sehr wichtig, musikalische und technische Grundprinzipien zu kennen und zu beherrschen. Mindestens ebenso wichtig ist ein guter und effektiver Umgang mit ihrem „Instrument“ Körper und eine gute mentale Steuerung – sowohl beim Instrumentalspiel als auch beim Singen.

Probleme durch zu hohe Anspannung

Zum Beispiel ist eine Passage manchmal technisch und musikalisch klar, aber „der Arm reicht in der hohen Lage nicht bequem ums Griffbrett herum“, „die Finger sind plötzlich nicht schnell genug“, „der Ton ist zu hoch“ oder „die Luft reicht nicht aus“ – alles aus unerfindlichen Ursachen. Manchmal sucht man dann nach äußeren Gründen, z.B., dass der Kinnhalter nicht passt, der Stuhl nicht bequem ist, man keinen Platz hat etc.

Musiker übersehen bei der Korrektur dieser äußeren Gegebenheiten aber, dass das „Problem“ oft mehr damit zu tun hat, wie sie in diesem Moment an die Passage herangehen. Oft spannen sie sich beim Spielen der Stelle – oder sogar schon vorher – im ganzen Körper so sehr an, dass die Teile, die sie für die Passage brauchen, nicht frei genug sind. Genau genommen kann mit diesem Grad an Anspannung die Stelle eigentlich gar nicht optimal gelingen!

„Anders üben“ statt „Mehr vom Gleichen“

Üblicherweise würde man nun diese Stelle noch „besser“ üben – obwaohl man sie im Grunde schon ausreichend beherrscht und sich für eine gelungene Ausführung lediglich selbst im Weg steht. Das bedeutet aber meistens, dass man „mehr vom Gleichen“ tut und sein Problem damit lediglich stabilisiert. Erfolgversprechender ist es, die Stelle ohne unnötige Nebenanspannungen am ganzen Körper auszuführen. Viele Musiker sind überrascht, wie leicht plötzlich viele vermeintliche „Problemstellen“ werden, und wie viel Klang sich zusätzlich entfaltet.

Grundsätzlich kann jeder Musiker, ob Profi oder Laie, von dieser Vorgehensweise profitieren und die bisher erarbeitete instrumentenspezifische Technik mit grundlegenden Bewegungsprinzipien in Einklang bringen. Einerseits erhöht er dadurch sofort die Qualität des musikalischen Vortrages, und es gelingt leichter, musikalische und technische Ziele umzusetzen. Andererseits beugt er frühzeitig Problemen vor, die zu Bewegungseinschränkungen oder sogar Berufsunfähigkeit führen können.

Die Alexander-Technik hilft dabei, Musik zu machen, ohne sich dabei „zu verbiegen“, zu verspannen, oder sich sogar langfristig ernsthaft zu schädigen. Sie bietet dadurch eine wertvolle Hilfestellung im Übe-Alltag, im Unterricht und in Konzertsituationen.