Vom „Lampenfieber“ zur „Lust auf Auftritt“

Rasender Herzschlag, zitternde Hände, Schweißausbrüche, jagende Gedanken. Ob im Job oder auf der Bühne, ob Präsentation, Prüfung oder Konzert, wer vor anderen etwas vorträgt und sich dabei nicht blamieren möchte, kennt die Tücken des Nervensystems, das diese Angstreaktionen hervorbringt. Im Lampenfieber verdeutlicht sich unsere  tief verwurzelte Angst vor dem Ausgeliefertsein, dem Ungewissen.

Lampenfieber ist nützlich

Lampenfieber ist eine normale Stressreaktion. Es tritt auf, wenn eine Situation ein Risiko enthält, das uns in innere Erregung versetzt. Lampenfieber wird oft als Störenfried und Spielverderber verteufelt. Den meisten Menschen ist diese innere Erregung unangenehm und sie versuchen, die damit verbundenen Gefühle und Symptome zu bekämpfen. Dabei ist alles eine Frage der Intensität: Bis zu einem gewissen Grad ist die innere Erregung eine nützliche Notwendigkeit für einen gelungen Auftritt, da sie den Vortragenden mit genügend Energie versorgt und in einen wachen, konzentrierten Zustand versetzt. Diese Energie ist nötig für eine gute Bühnenpräsenz. Nur im Übermaß löst sie lähmende Angst, Denkblockaden oder Versagen aus.

Doch wie kann man vom Nützlichen profitieren und dem Schädlichen entkommen? Verleugnen und Bekämpfen fruchtet nicht und mit kurzen Tipps und Tricks ist es auch nicht getan: Sei gelassen! Sei selbstbewusst! Denk, dass du es schaffst! Denn diese Empfehlungen sind nicht die Mittel zum Erfolg, sondern bereits die Ziele. Schnelle Tricks und Kniffe können nicht nachhaltig wirken, weil die Angst eine viel zu tief verwurzelte Eigenschaft im Menschen ist. Statt dessen hilft ein angemessener Umgang mit der Angst. Man muss sie verstehen lernen und man muss sich selbst und seine Eigenarten besser kennenlernen, um mit ihr umzugehen.

Vor allem die Angst, sich in einer Gemeinschaft lächerlich zu machen und deshalb ausgeschlossen zu werden, liegt der Vortragsangst zu Grunde. Daher ist der Blickwinkel vor allem auf die ANDEREN gerichtet: Was denken die anderen, was werden sie über mich reden, wie werden sie mich beurteilen? Diese Blickrichtung erzeugt naturgegeben Angst. Im Umgang damit wird der Fokus wieder auf sich selbst gelenkt.
Der Umgang mit dem Lampenfieber schließt die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, Wünschen und Erwartung ebenso ein wie gute strategische Überlegungen in all ihren Dimensionen. Dazu gehören u.a. folgende Fragen:

7 wichtige Fragen im Umgang mit Lampenfieber

1. Wie äußert sich die Angst? Was wollen mir die Symptome sagen?
2. Was sind meine Erwartungen an den Auftritt? Was will ich wirklich erreichen?
3. Was sind meine persönlichen Stärken? (alle)
4. Was sind meine Ressourcen? (alle)
5. Welche Menschen helfen mir?
7. Wie ist eine für mich optimale Vorbereitung? Langfristig, mittelfristig, kurzfristig?
8. Welche Übungen und Gedanken helfen mir am Vortragstag als „mentale Notfallapotheke“?

Lust auf Aufrtitt

Diese Fragen sind nicht oberflächlich zu beantworten, sie bedürfen einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst, um langfristig mit dem Thema Auftritt auf gutem Fuß zu stehen. Oft ist es sinnvoller, sie mit einem Lehrer, mit einem Coach, Mentor oder Freund systematisch durchzugehen, weil man im Gespräch auf mehr „Eingemachtes“ stößt, als man vorher denkt. Die individuellen Antworten sind wahre Goldschätze: Aus ihnen erwächst eine neue Geisteshaltung von „Lust auf Auftritt“. Richtig genutzt kann das Adrenalin dann einen guten Energieschub geben, der zu großer Bühnenpräsenz führt.
In unseren Workshops hat das Thema „Lampenfieber“ immer wieder eine gute Plattform zum Experimentieren!

Mein Weg zur Alexander-Technik

Seit über 20 Jahren bin ich mit Leib und Seele Alexander-Techniklehrerin und freue mich, diese faszinierende Arbeit an Andere weitergeben zu dürfen.
Wie viele Menschen bin ich damals nicht aus Spaß an der Freud zur Alexander-Technik gekommen, sondern aus schierer Notwendigkeit. Auf diesem Weg haben sich meine Probleme gelöst.

Am Anfang war das Problem

Während meines Musikstudiums in den 1980er Jahren wuchs meine Liebe zur Musik, aber auch mein Elend: Ich litt offensichtlich an Koordinationsproblemen und technischen Schwierigkeiten beim Klavierspielen. Z.B. sollten Triller sehr zierliche, leichte, brillante Verzierungen sein, die eine Phrase verschönern. Bei mir waren sie eher grob, ungelenk und wenig brillant und störten den Fluss der Musik. Das Unheimlichste war, dass sie durch Üben gar nicht besser wurden. Ich war ratlos und deprimiert und wusste nicht, wie ich mein Problem lösen könnte.

Die unerwartete Lösung

Die Rettung kam in Gestalt einer Hochschulveranstaltung mit dem Titel „Alexander-Technik am Klavier“. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen, aber ich ging trotzdem hin. Der AT-Lehrer hielt eine erklärende Einführung zur AT,von der ich jedoch nicht viel verstand. Trotzdem ließ ich mich neugierig auf den Prozess ein.

Im anschließenden praktischen Gruppenunterricht bekam jeder der Teilnehmenden eine Alexander-Stunde am Klavier. Dort machte ich eine denkwürdige Erfahrung: Ich saß am Klavier und der AT-Lehrer arbeitete an meinem Kopf und Hals. Obwohl ich nicht verstand, was er machte, fühlte ich mich plötzlich ganz leicht und locker, und geschmeidig flexibel. Als ich dann zu spielen begann, geschah das kleine Wunder. Ich spielte eine Haydn Sonate, bei der es von Trillern nur so hagelte. Als ich die scheinbar nicht mehr zu mir gehörenden Arme hob, gelangen mir die Passage leicht und geschmeidig, genau wie ich das wollte. Die tollste Erkenntnis aber war, dass ich mich, im Gegensatz zu früher, nicht mehr dafür angestrengt hatte, sondern dass es viel leichter ging.

Von der Begeisterung zur Bestimmung

ICH WAR BEGEISTERT: Nicht nur, dass diese Methode die Brücke zu meiner Musikalität wurde – mehr noch, dass ich ganz deutlich meine innere Stimme hörte, die sagte: Mach das, geh dem nach, lerne das, das ist gut für Dich.
Das habe ich getan. Heute arbeite ich in meinem Alexander-Technik Institut und unterrichte Andere darin, Ihre Schwierigkeiten und Gewohnheiten zu überwinden und besser Ihre Ziele zu erreichen. Dabei fließen alle Fähigkeiten ein: Das Kreative, Analytische und Sprachliche kommt beim Unterrichten zum Tragen, ich arbeite mit meinen Händen und ich wirke oft im musisch-künstlerischen Bereich. Heute bilde ich andere an der Methode interessierte Menschen zu Alexander-Technik Lehrern aus.

Kurz: ich lebe meine Bestimmung!