Wie Musiker leichter und besser spielen können

Musiker brauchen eine brillante Koordination und Körperbeherrschung, um ihre musikalischen Vorstellungen auf dem Instrument nach ihren Wünschen umsetzen zu können. Dafür ist es sehr wichtig, musikalische und technische Grundprinzipien zu kennen und zu beherrschen. Mindestens ebenso wichtig ist ein guter und effektiver Umgang mit ihrem „Instrument“ Körper und eine gute mentale Steuerung – sowohl beim Instrumentalspiel als auch beim Singen.

Probleme durch zu hohe Anspannung

Zum Beispiel ist eine Passage manchmal technisch und musikalisch klar, aber „der Arm reicht in der hohen Lage nicht bequem ums Griffbrett herum“, „die Finger sind plötzlich nicht schnell genug“, „der Ton ist zu hoch“ oder „die Luft reicht nicht aus“ – alles aus unerfindlichen Ursachen. Manchmal sucht man dann nach äußeren Gründen, z.B., dass der Kinnhalter nicht passt, der Stuhl nicht bequem ist, man keinen Platz hat etc.

Musiker übersehen bei der Korrektur dieser äußeren Gegebenheiten aber, dass das „Problem“ oft mehr damit zu tun hat, wie sie in diesem Moment an die Passage herangehen. Oft spannen sie sich beim Spielen der Stelle – oder sogar schon vorher – im ganzen Körper so sehr an, dass die Teile, die sie für die Passage brauchen, nicht frei genug sind. Genau genommen kann mit diesem Grad an Anspannung die Stelle eigentlich gar nicht optimal gelingen!

„Anders üben“ statt „Mehr vom Gleichen“

Üblicherweise würde man nun diese Stelle noch „besser“ üben – obwaohl man sie im Grunde schon ausreichend beherrscht und sich für eine gelungene Ausführung lediglich selbst im Weg steht. Das bedeutet aber meistens, dass man „mehr vom Gleichen“ tut und sein Problem damit lediglich stabilisiert. Erfolgversprechender ist es, die Stelle ohne unnötige Nebenanspannungen am ganzen Körper auszuführen. Viele Musiker sind überrascht, wie leicht plötzlich viele vermeintliche „Problemstellen“ werden, und wie viel Klang sich zusätzlich entfaltet.

Grundsätzlich kann jeder Musiker, ob Profi oder Laie, von dieser Vorgehensweise profitieren und die bisher erarbeitete instrumentenspezifische Technik mit grundlegenden Bewegungsprinzipien in Einklang bringen. Einerseits erhöht er dadurch sofort die Qualität des musikalischen Vortrages, und es gelingt leichter, musikalische und technische Ziele umzusetzen. Andererseits beugt er frühzeitig Problemen vor, die zu Bewegungseinschränkungen oder sogar Berufsunfähigkeit führen können.

Die Alexander-Technik hilft dabei, Musik zu machen, ohne sich dabei „zu verbiegen“, zu verspannen, oder sich sogar langfristig ernsthaft zu schädigen. Sie bietet dadurch eine wertvolle Hilfestellung im Übe-Alltag, im Unterricht und in Konzertsituationen.

Natürliche lockere Aufrichtung beim Tango

Hier ein paar Eindrücke aus der Praktika in Mönchengladbach, die ich unter dem Motto „Alexander-Technik und Tango“  gemeinsam mit der Tango-Lehrerin Ilona Rios gehalten habe.

Ich war ganz beeindruckt, dass so viele interessierte (und nette) Tänzerinnen und Tänzer zu dieser „Drop-In“ erschienen sind. 3 – 4 Paare waren erwartet, 10 Paare sind gekommen! Die Atmosphäre war schön und die Ergebnisse waren prima. Für die Qualität des Tanzens ist eine lockere Aufrichtung von entscheidender Bedeutung. Die Bewegungen werden sofort koordinierter und fühlen sich auch für die Tanzpartner/innen besser an.  Hier möchte ich einen Aspekt zum Thema „Aufrichtung“ aufgreifen, den wir im Workshop vermittelt haben.

Natürliche Aufrichtung

Im Kurs gingen die Tänzer/innen zunächst zur Musik durch den Raum. Während des Gehens wurden sie mit leichten Berührungen von mir eingeladen, unnötige und überflüssige Spannungen loszulassen, vor allem im Schulter-Nacken-Bereich. Meine Berührunge helfen ihnen dabei, die Aufmerksamkeit auf diese Partien zu lenken und diese zu entspannen.

Das ausgewogene Spannungsverhältnis zwischen Kopf und Wirbelsäule und dem Rest des Rumpfes ist von äußerster Wichtigkeit und ist dafür verantwortlich, wie gut sich der Rest des Körpers organisiert. Sind die Spannungsverhältnisse im Schulter-Nacken-Bereich zu groß, schränken sie die Flexibilität der Wirbelsäule ein und beeinträchtigen dadurch automatisch die Beweglichkeit des gesamten Körpers. Sind die Spannungsverhältnisse locker und entspannt, bleibt die Wirbelsäule beweglich und dies wirkt sich positiv auf die Beweglichkeit des gesamten Körpers aus.

Nachdem die Tänzer mit Hilfe der Berührungen die Anspannung der Halsmuskeln loslassen konnten, beschrieben einige, dass sie sich größer und leichter fühlten, so als würden sie schweben. Sie spürten, wie ihr Gang insgesamt geschmeidiger wurde.  Ihre Tanzbewegungen  wurden fließender, was sowohl von innen zu spüren, als auch von außen zu sehen war.

In dieser Praktika habe ich ein wichtiges Prinzip der Alexander-Technik angesprochen: Wenn wir aufhören, das Falsche zu tun, tut sich das Richtige von alleine. Wichtig ist, dass die Tänzer/innen erfahren und lernen, dass eine lockere, natürliche Aufrichtung ganz von alleine geschieht, wenn man locker lässt. Sie sollen sich nicht mit Kraft geraderecken, sondern die Kräfte seinzulassen, mit denen sie sich sich herunterdrückt und dabei die Wirbelsäule verkrümmt haben. Diese neue Art der Aufrichtung können sie dann ohne größere Anstrengung für längere Zeit beibehalten. Die Fähigkeit, unnötige Anspannung in der Wirbelsäule (Achse) und in den Schultern und Armen loszulassen während des Gehens ist die erste Stufe auf dem Weg zu einer allgemeinen Lockerheit beim Tango.

Das Neue ist ungewohnt

Natürlich fühlt sich diese neue Art der Aufrichtung und Bewegung für die meisten Tänzer/innen sehr fremd an. Die erste Reaktion ist, dass sie wieder in das alte gewohnte Schema zurückgehen. Doch mit der neuen Erfahrung ist es möglich, immer wieder die Veränderung zu einer lockeren Aufrichtung gedanklich einzuleiten. Nach ein paar Übungsrunden und der Unterstützung von mir gelingt es ihnen zunehmend leichter und selbstverständlicher, sich während des Gehens und Tanzens locker zu lassen. Und nach einigen weiteren Runden konnten sie diesen lockeren Zustand zunehmend selbst – also ohne meine Hilfe und Berührungen – rein gedanklich beibehalten und wiederherstellen.

Die Rückmeldungen der Tänzerinnen waren sehr positv: Sie mögen diese neue Erfahrung der Lockerheit und des „Schwebens“ und freuen sich auf eine Fortsetzung der gemeinsamen Praktika-Erfahrung mit Ilona und mir in Mönchengladbach.

Weitere Details unter www.alexandertechnik-duesseldorf.de

Vom „Lampenfieber“ zur „Lust auf Auftritt“

Rasender Herzschlag, zitternde Hände, Schweißausbrüche, jagende Gedanken. Ob im Job oder auf der Bühne, ob Präsentation, Prüfung oder Konzert, wer vor anderen etwas vorträgt und sich dabei nicht blamieren möchte, kennt die Tücken des Nervensystems, das diese Angstreaktionen hervorbringt. Im Lampenfieber verdeutlicht sich unsere  tief verwurzelte Angst vor dem Ausgeliefertsein, dem Ungewissen.

Lampenfieber ist nützlich

Lampenfieber ist eine normale Stressreaktion. Es tritt auf, wenn eine Situation ein Risiko enthält, das uns in innere Erregung versetzt. Lampenfieber wird oft als Störenfried und Spielverderber verteufelt. Den meisten Menschen ist diese innere Erregung unangenehm und sie versuchen, die damit verbundenen Gefühle und Symptome zu bekämpfen. Dabei ist alles eine Frage der Intensität: Bis zu einem gewissen Grad ist die innere Erregung eine nützliche Notwendigkeit für einen gelungen Auftritt, da sie den Vortragenden mit genügend Energie versorgt und in einen wachen, konzentrierten Zustand versetzt. Diese Energie ist nötig für eine gute Bühnenpräsenz. Nur im Übermaß löst sie lähmende Angst, Denkblockaden oder Versagen aus.

Doch wie kann man vom Nützlichen profitieren und dem Schädlichen entkommen? Verleugnen und Bekämpfen fruchtet nicht und mit kurzen Tipps und Tricks ist es auch nicht getan: Sei gelassen! Sei selbstbewusst! Denk, dass du es schaffst! Denn diese Empfehlungen sind nicht die Mittel zum Erfolg, sondern bereits die Ziele. Schnelle Tricks und Kniffe können nicht nachhaltig wirken, weil die Angst eine viel zu tief verwurzelte Eigenschaft im Menschen ist. Statt dessen hilft ein angemessener Umgang mit der Angst. Man muss sie verstehen lernen und man muss sich selbst und seine Eigenarten besser kennenlernen, um mit ihr umzugehen.

Vor allem die Angst, sich in einer Gemeinschaft lächerlich zu machen und deshalb ausgeschlossen zu werden, liegt der Vortragsangst zu Grunde. Daher ist der Blickwinkel vor allem auf die ANDEREN gerichtet: Was denken die anderen, was werden sie über mich reden, wie werden sie mich beurteilen? Diese Blickrichtung erzeugt naturgegeben Angst. Im Umgang damit wird der Fokus wieder auf sich selbst gelenkt.
Der Umgang mit dem Lampenfieber schließt die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, Wünschen und Erwartung ebenso ein wie gute strategische Überlegungen in all ihren Dimensionen. Dazu gehören u.a. folgende Fragen:

7 wichtige Fragen im Umgang mit Lampenfieber

1. Wie äußert sich die Angst? Was wollen mir die Symptome sagen?
2. Was sind meine Erwartungen an den Auftritt? Was will ich wirklich erreichen?
3. Was sind meine persönlichen Stärken? (alle)
4. Was sind meine Ressourcen? (alle)
5. Welche Menschen helfen mir?
7. Wie ist eine für mich optimale Vorbereitung? Langfristig, mittelfristig, kurzfristig?
8. Welche Übungen und Gedanken helfen mir am Vortragstag als „mentale Notfallapotheke“?

Lust auf Aufrtitt

Diese Fragen sind nicht oberflächlich zu beantworten, sie bedürfen einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst, um langfristig mit dem Thema Auftritt auf gutem Fuß zu stehen. Oft ist es sinnvoller, sie mit einem Lehrer, mit einem Coach, Mentor oder Freund systematisch durchzugehen, weil man im Gespräch auf mehr „Eingemachtes“ stößt, als man vorher denkt. Die individuellen Antworten sind wahre Goldschätze: Aus ihnen erwächst eine neue Geisteshaltung von „Lust auf Auftritt“. Richtig genutzt kann das Adrenalin dann einen guten Energieschub geben, der zu großer Bühnenpräsenz führt.
In unseren Workshops hat das Thema „Lampenfieber“ immer wieder eine gute Plattform zum Experimentieren!